Der Begriff „postmigrantisch“, der vor etwa 15 Jahren im deutschen Kulturdiskurs entstand, ist zu einem sprachlichen Instrument zur Beschreibung einer Gesellschaft geworden, die sich ihrer heterogenen Zusammensetzung bewusst ist. Das Konzept entsteht in der Kunst- und Kulturlandschaft, insbesondere in den Verhandlungen über Repräsentation und darüber, wie das „Nationale“ im heutigen Deutschland aussieht. Ziel dieses Seminars ist es, sich den Diskussionen von Akteur:innen anzunähern, die in diesen Verhandlungen aktiv sind, sowie historische Kontinuitäten aufzuspüren. Der Fokus liegt dabei auf der Theater- und Kunstlandschaft in Berlin. Jede Woche wurden eine andere Art von Text gelesen (u.a. Interviews, Kataloge, Essays, Berichte oder Protokolle politischer Versammlungen) und sich darauf konzentriert, wie die Debatten im institutionellen Kontext geführt werden und diesen beeinflusst haben (oder auch nicht). Das Seminar war offen für Studierende aller Semester.
Im Arbeiten wurde die Methode des „flipped classroom“ angewandt, bei der die Studierenden eine große Verantwortung für ihr Lernen übernahmen, während die Leitung unterstützendmoderierte. Eine vorherige Beschäftigung mit den Themen war nicht erforderlich. Neben dem Erwerb von Kenntnissen über die zentralen Diskurse, Fragestellungen und Akteur:innen der postmigrantischen Bewegung (mit besonderen Fokus auf Berlin), sowie einen Blick in die jüngste Geschichte der postmigrantischen Kulturlandschaft, entwickelten die Studierenden vor allem Analyse-, Kritik- und Präsentations-Skills.
Die Seminare waren klar strukturiert (1/3 Präsentation, 1/3 Kleingruppenarbeit, 1/3 Plenum), so dass die Studierenden einen definierten Rahmen für ihre Beteiligung hatten. Die Studierenden präsentierten und leiteten die Diskussionen mit vorbereiteten Fragen, führten aktive Debatten und notierten die wichtigsten Aspekte der Gespräche.
Fortgeschrittene deutsche Sprachkenntnisse waren erforderlich, da die Texte vorwiegend auf Deutsch gelesen wurden. Texte und Diskussionen wurden nach Bedarf auch auf Englisch bereitgestellt und durchgeführt.
Alle Sitzungen wurden in einem hybriden Format durchgeführt, wobei sich ein:e Studierende um die Anbindung der digitalen Teilnehmer:innen kümmerte. Wer im Raum und wer online anwesend war, war immer offen. Auf diese Weise variierte die Zusammensetzung der Gruppe von Sitzung zu Sitzung.
Seminarstruktur
- 1. Woche, 5.4.
Einführung und Anmeldung für Präsentationen.
- 2. Woche, 12.4.
Mapping I (Gruppenarbeit an der digitalen Tafel).
- 3. Woche, 19.4.
Langhoff, S. (2011). Interview with Katharina Donath. Die Herkunft spielt keine Rolle - „Postmigrantisches“ Theater im Ballhaus Naunynstraße, Bundeszentrale für Politische Bildung, 10 March 2011.
Optional:
Kalkan, H. (2018). Ver-rückte Sprache im Berliner Ballhaus Naunynstraße. Diyalog Interkulturelle Zeitschrift Für Germanistik, 6 (2) , 74–81.
Stewart, E. (2017). Postmigrant Theatre: The Ballhaus Naunynstraße takes on Sexual Nationalism. Journal of Aesthetics & Culture, 9(2), 56-68, DOI: 10.8020004214.2017.1370358.
- 4. Woche, 26.4.
(2013) Wortprotokoll Öffentliche Sitzung Ausschuss für Kulturelle Angelegenheiten, 30. Sitzung 11. November 2013, Abgeordnetenhaus Berlin.
- 5. Woche, 3.5
Akça, A. (2014). Ein Türke allein macht noch keinen Sommer. In: Komische Oper Berlin (Hg.) Selam Opera! Interkultur im Kulturbetrieb (146). Leipzig: Henschel Verlag.
Terkessidis, A. (2014) Schiffbruch ohne Zuschauer? Über die Neuausrichtung des Kulturbetriebs an der Vielheit der Gesellschaft. In: Komische Oper Berlin (Hg.) Selam Opera! Interkultur im Kulturbetrieb (147-161). Leipzig: Henschel Verlag.
Optional:
Akça, M., Ostrop, A., Brandt, O. (2014). Selam Opera! Interkultur im Kulturbetrieb. Einleitung. In: Komische Oper Berlin (Hg.) Selam Opera! Interkultur im Kulturbetrieb (13–17). Leipzig: Henschel Verlag.
- 6. Woche, 10.5.
Ayivi, Simone Dede (2018). Internationalität ≠ Interkultur. Eine Schwarze Deutsche Kritik. In: Elisa Liepsch/Julian Warner (Eds.), Allianzen (74–83). Bielefeld: transcript Verlag.
Optional:
Ayivi, Simone Dede (2018). Über Veränderung, Ignoranz und Prozesse des Verlernens im Theater. In: Busch, K./Dörfling, C./ Peters, K./ Szántó, I. (Hg.) Wessen Wissen? Materialität und Situiertheit in den Künsten (59–68) Paderborn: Wilhelm Fink.
- 7. Woche, 17.5.
Czollek, M. (2018). Desintegriert euch! München: Carl Hansen Verlag.
- 8. Woche, 24.5.
Dayson, M. (2016). Seeing and Disrupting: Anti-Blackness, Public Culture, and the Place of Berlin. UCLA. ProQuest ID: Daysonucla0031D_15133. Merritt ID: ark:/13030/m5798sm8; Not-Quite-Art Spaces, 156–169.
Optional:
Einführung, 1–22.
- 9. Woche, 31.5.
Dogramaci, B. (2011). Kültür für Deutschland. Positionen zeitgenössischer deutschtürkischer Kunst, in: Burcu Dogramaci (Hg.): Migration, H. 4/2011 der Zeitschrift „kritische berichte“, Marburg: Jonas 2011, 5–17.
Optional:
Dogramaci, Burcu (2018) Kulturgeschichte einer vielfältigen Gesellschaft. In: Bertelsmann Stiftung (Hrsg.) Kunst in der Einwanderungsgesellschaft. Beiträge der Künste für das Zusammenleben in Vielfalt (17–36) Gütersloh. Retrieved from https://www.unesco.de/sites/default/files/2018-05/StudieBStDUKKunst in der EinwanderungsgesellschaftDruckfassung; 17–23.
- 10. Woche, 7.6.
Vertovec, Steven (1996) Berlin Multikulti: Germany, 'foreigners' and 'world-openness'. In: Journal of Ethnic and Migration Studies; July 1996, Vol. 22 Issue: 3 381–399, 19p.; 381–389.
Optional:
Den gesamten Artikel.
- 11. Woche, 14.6.
Ndikung, Bonaventure Soh Bejeng (2018) Anmerkungen zum epistemischen Ungehorsam - Oder: Verwirrung des Verstrickten und Beunruhigung der Besorgten - Fallstudie Savvy Contemporary. In: Busch, K./Dörfling, C./ Peters, K./ Szántó, I. (Hg.) Wessen Wissen? Materialität und Situiertheit in den Künsten (20-40) Paderborn: Wilhelm Fink.
Optional:
Mignolo, Walter (2011) Geopolitics of Sensing and Knowing. On (De)Coloniality, Border Thinking, and Epistemic Disobedience eipcp – European Institute for Progressive Cultural Policies eipcp.net transversal 01/12: unsettling knowledges.
- 12. Woche, 21.6.
Zu Gast: Lara Chahal: über Netzwerke.
Optional:
Elisa Liepsch/Julian Warner (Eds.), Allianzen. Bielefeld: transcript Verlag.
- 13. Woche, 28.6.
Besuch bei der 12th Berlin Biennale.
Optional:
Ausstellungskatalog (Einführung / kuratorisches Statement)
El-Tayeb, F. (2016). Undeutsch: Die Konstruktion des Anderen in der postmigrantischen Gesellschaft. Bielefeld: transcript Verlag.; 7–28.
- 14. Woche, 5.7.
Mapping (Gruppenarbeit an der digitalen Tafel) und Feedback.